Vor uns liegt das Ufer des Sewansees auf etwa 2000 Höhenmetern. Möwen kreischen und die Sonne wärmt uns den Rücken. Wir haben nun endgültig unsere Rückreise angetreten, werden aber in den nächsten Wochen sicher noch Einiges erleben.
Seit dem letzten Blogbericht haben wir einige wirklich faszinierende Orte in Armenien bestaunen dürfen. Sobald man rechts oder links von den Hauptstraßen abzweigt, werden die Schlaglöcher zwar deutlich größer, dafür aber die Landschaften auch umso schöner.
Bei Wedi bogen wir von der Straße ab, rumpelten über einen kleinen Weg in ein kleines Tal und verbrachten zwei entspannte Tage in der Stille des „Angels-Canyon“. Wir konnten zwar nicht herausfinden, wie der Ort zu seinem Namen gekommen sein mag, doch vielleicht lag es an der himmlischen Ruhe oder den endlosen Weiten.
Nach einer fünfstündigen Wanderung durch die Hügel bei strahlendem Sonnenschein hatten wir nur einen Bruchteil der einsamen Landschaft gesehen, wurden aber mit einem gigantischen Blick auf den Ararat und einem deftigen Sonnenbrand belohnt.
Vom Angels-Canyon ging es für uns weiter über die Berge in die Weinregion Areni. Dort besuchten wir das Kloster Norawank. Der Klosterkomplex aus dem 13. Jahrhundert liegt ganz am Ende des gleichnamigen „Norawank-Canyons“. Ein mystischer Ort ganz am Ende der Zivilisation, umgeben von hohen, schneebedeckten Bergen.
Wir verbrachten die Nacht auf einem kleinen Parkplatz im Canyon, nachdem wir uns bei einem Ranger des Nationalparks die Erlaubnis dafür eingeholt hatten. Er zeigte uns auch gleich mehrere Aufnahmen auf seinem Smartphone, die er selbst in den umliegenden Bergen gefilmt hatte. Wir sahen Adler, Steinböcke, Bären, Luchse und sogar einen Leopard. Wir hätten schon auch gern mal eines dieser Tiere in freier Wildbahn erlebt – von Weitem, versteht sich.
Am darauffolgenden Tag fuhren wir entlang der Grenze zu Aserbaidschan und wunderten uns zunächst über die auffälligen Erdwälle an den Straßenrändern, bis uns aufging, dass es sich dabei um Schutzwälle handelt. In regelmäßigen Abständen waren kleine Schützengräben in die Wälle eingelassen. Obwohl die Lage zwischen Armenien und Aserbaidschan aktuell ruhig ist und an dieser Stelle keine Kriegshandlungen stattfinden, war es dennoch ein beklemmendes Gefühl.
Im Dreiländereck Armenien – Türkei – Aserbaidschan hatten wir zwar leider aufgrund der Witterung keinen guten Blick auf den Ararat, doch konnten wir die riesigen, künstlich angelegten Fischteiche sehen und die vielen Straßenstände an denen zu anderen Jahreszeiten der Fisch verkauft wird. Armenien besitzt keinen Zugang zum Meer und nur wenige Seen, aus denen Fisch gefangen werden kann. Es ist überhaupt ein Wunder für uns, wie die Menschen es in dieser kargen Region schaffen, Landwirtschaft zu betreiben und ihre großen Aprikosenplantagen oder Weinberge zu bewässern.
Nach einer weiteren Nacht am Azat-Stausee bezogen wir für acht Tage ein kleines Häusschen zwischen Aprikosenbäumen und Weinstöcken. Schließlich erwarteten wir Besuch aus Leipzig und der kam mitten in der Nacht auf dem Flughafen Yerevan an. In den nächsten Tagen erkundeten wir mit Franzi noch einige andere Sehenswürdigkeiten der Region.
Bei Garni spazierten wir unter den ganz besonderen Felsformationen der sogenannten „Symphony of rocks“ entlang und besichtigten das Kloster Geghard. Die Klostergründung geht auf das 4. Jahrhundert n. Chr. zurück und das Besondere sind die teilweise in den Fels gehauenen Räumlichkeiten und die vom Kloster genutzten natürlichen Höhlen im Berg.
An einem der Stände vor dem Kloster konnten wir auch das traditionelle armenische Gebäck „Gata“ einkaufen. Es gibt dieses Süßgebäck in verschiedenen Formen, Größen und Zusammensetzungen. Unseres war kreisrund, etwa 30cm im Durchmesser und mit Walnüssen gefüllt. Sehr lecker!
Da Armenien nicht gerade wenige Klöster zu bieten hat, besichtigten wir auch noch das Kloster „Chor Virap“. Dort soll König Trdat III. in einer Höhle Gregor den Erleuchter eingesperrt gehalten haben, um ihn vom christlichen Glauben abzubringen. Da Gregor allerdings auch nach 13 Jahren nicht abzubringen war und außerdem noch den König von einer unheilbaren Krankheit erlöst haben soll, ließ der sich und seinen gesamten Hofstaat taufen. Damit wurde Armenien 301 n. Chr. zum ersten Land mit dem Christentum als Staatsreligion.
Bei dem kleinen Ort Urtsadzor schaukelten wir wieder mal über eine Schlaglochpiste, denn wir wollten die versteckte „Gevorg Marzpetuni Festung“ finden. Und tatsächlich fanden wir sie auch, malerisch zwischen den Berghängen gelegen und ganz allein für uns an einem sonnigen, sehr warmen Apriltag. Wenn wir zu dieser Zeit kein Haus gemietet hätten, wäre das ein idealer Schlafplatz für uns gewesen.
So haben wir einiges gesehen und erlebt. Die Armenier sind uns durchweg freundlich begegnet, wenn auch ihre Art manchmal etwas unerwartet erscheint. Beispielsweise hupen sie ständig mit ihren Autos. Sie hupen, wenn sie überholen wollen. Sie hupen, wenn sie jemanden grüßen wollen. Sie hupen, wenn sie an einer kleinen Kapelle vorbeifahren. Sie hupen, wenn sie sich freuen, dich zu sehen.
Als Tourist ist man in Armenien, anders als beispielsweise in der Türkei, noch immer die Ausnahme. Die Armenier sind interessiert, meist sehr unaufdringlich freundlich und definitiv sehr gastfreundlich.
Unser Vermieter beschenkte uns mit Aprikosengelee, selbstgebranntem Wodka und selbstgemachtem Wein.
Als wir an einem heißen Tag in der Sonne spazierten, fuhr ein Auto an uns vorbei, hupte, fuhr zurück, blieb neben uns stehen und dann schenkte uns der Fahrer, ein junger Mann, zwei Flaschen Wasser und drei Becher Eiskaffee. Ohne uns zu kennen, einfach so.
An einem Straßenstand, an dem wir Obst gekauft hatten, kam der Verkäufer noch einmal zum Auto gelaufen, um uns Weintrauben zu schenken.
An einem weiteren Straßenstand, an dem wir zweimal leckere, eingemachte Früchte und Gurken kauften, wurden wir jedes Mal mit einigen Äpfeln zusätzlich beschenkt. Ein Trinkgeld will sowieso nie jemand annehmen und man muss schon sehr vehement darauf dringen.
Die Tage zu dritt vergingen wie im Fluge und bevor Franzi schon wieder abreisen musste, stürzten wir uns noch in das Getümmel der Hauptstadt Yerevan. Derartig dichten und wilden Straßenverkehr haben wir bisher auf unseren Reisen noch nie erlebt. Definitiv ein weiterer Höhepunkt!
Die Parkplatzsuche gestaltete sich schwierig, denn wir hatten keine Lust, eingeparkt zu werden und dann vielleicht nicht wieder wegzukommen. Schließlich flanierten wir zwei Stunden durch die City, sahen das Opernhaus, den Platz der Republik, schlemmten leckeres Fastfood und verbrachten den Rest des Tages auf einem privaten Parkplatz direkt am Flughafen, wo wir noch eine erstaunlich ruhige Nacht verbrachten.
Über den Sewansee fahren wir nun langsam in Richtung Georgien zurück. Zuvor haben wir uns gestern noch das Alphabet Monument angesehen. Ein Park zu Ehren des armenischen Alphabets, das nur in Armenien geschrieben wird und 1600 Jahre alt ist. 39 in Stein gehauene Buchstaben sind hier versammelt und einige Statuen bedeutender Armenier. Darunter Hovhannes Tumanyan, der armenische Nationaldichter und Anania Shirakatsi, der armenische Universalgelehrte aus dem 7. Jahrhundert nach Christus.
Auf demselben Gelände finden sich auch noch das Heilige Kreuz von Aparan und ein heiliger Schrein. Das Kreuz ist 33 Meter hoch und besteht aus vielen kleinen Metallkreuzen. Jeweils ein Kreuz für jedes Jahr, seitdem Armenien das Christentum als Staatsreligion angenommen hat. Und jedes Jahr kommt ein Kreuz hinzu.
Die Nacht haben wir am Astvatsnkal-Kloster verbracht, das aktuell saniert wird. Es liegt wiederum in einem kleinen Canyon und wir waren die meiste Zeit ganz allein dort. Die Nacht war wunderbar still und an dem kleinen Fluss konnten wir ewig weit mit den Hunden spazieren gehen.
Heute ging es dann zum Sewansee. Die Steigung hat sich auf der gut ausgebauten Autobahn kaum bemerkbar gemacht. Der See ist der größte Süßwassersee des gesamten Kaukasus und 1272 Quadratkilometer groß. Damit ist er etwa zweieinhalb mal so groß wie der Bodensee.
Die Möwen am See sind etwas ganz besonderes, denn es handelt sich um etwa 10.000 Paare der Armeniermöwe. Sie kommt in Armenien, dem Iran, der Türkei und Georgien vor. Dass wir sie jetzt im April hier am Sewansee antreffen, heißt, dass sie bereits von ihren Überwinterungsquartieren am Mittelmeer zurückgekehrt ist.
Für uns geht es von hier aus wahrscheinlich weiter durch den Dilijan-Nationalpark nach Wanadsor und von dort über den Grenzübergang Sadakhlo nach Tiflis.
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