Türkische Verhältnisse

Am 7. Januar waren wir genau sechs Monate unterwegs. Mittlerweile sind unsere Speicher gut gefüllt mit Eindrücken aus sieben Ländern. In diesem halben Jahr haben wir sehr lange fast jeden Tag an einem anderen Ort verbracht. Immer on the road. 

Es gab eine Zeit zu Beginn unserer Reise, da wäre uns ein frühes Ende, aus welchem Grund auch immer, wie ein Scheitern vorgekommen. Nun, nach so langer Zeit des Unterwegsseins, gibt es zwar immer noch keinen Grund damit aufzuhören, doch manchmal ist kaum noch Platz für etwas Neues in unseren Köpfen.

Dann genießen wir die Plätze, an denen mal einfach nichts los ist. Und genau das gestaltet sich in der Türkei schwieriger als wir dachten. 

Den Neujahrstag verbrachten wir bei Foca. Eine aufgeräumte Küstenstadt. Ein Touristenstädtchen. Auf der kleinen Landzunge, die vor der Stadt ins Meer ragt, tummelten sich am ersten Tag des neuen Jahres dutzende Picknickgemeinschaften und Camper. 

Die Türken sind Camper. Wer hätte das gedacht. In keinem anderen Land haben wir bisher die Einheimischen in so großer Zahl selbst mit dem Wohnmobil oder Wohnwagen unterwegs erlebt.

Im ganzen Land gibt es öffentliche und private Picknickplätze. Diese sind jedoch entweder viel zu nah in den Wohngebieten, total vermüllt oder es wimmelt dort nur so vor Straßenhunden. 

Nun haben wir absolut nichts gegen Straßenhunde, doch wenn wir unsere eigenen nicht mal ein bisschen frei laufen lassen können, schränkt uns das zu sehr ein. Nach der täglichen Fahrerei, wollen unsere drei Hunde sich auch mal austoben.


Also beginnt für uns in der Türkei ein neuer Lernvorgang. Wir lernen, die wenigen Plätze zu finden, an denen wir unsere Ruhe haben können.

Dann kann es allerdings immer noch passieren, dass uns die Polizei von dort fortschickt. Wie an dem Stausee, als der zivile, zwielichtige Beamte uns mit der Begründung, es sei dort nicht sicher, bat zu verschwinden. Oder wie an dem ruhigen Platz im Wald, wo uns gleich drei aufdringliche Polizisten aufforderten zu gehen. Angeblich sei es dort nicht sicher genug. Dabei hatten wir schon eine ungestörte Nacht dort verbracht. 

Der viele Regen der letzten Tage hat zudem noch dafür gesorgt, dass einige Pisten im Moment für uns unpassierbar sind. 


Aber genug der Jammerei. Wie könnte man dieses Land nicht toll finden, in dem uns fast täglich wildfremde Leute freundlich ansprechen, meist auf Deutsch, und nach unserer Herkunft, unserer Reise und der Olga befragen.

Die Türkei ist landschaftlich wunderschön und es kommt uns alles eine Spur größer vor als zum Beispiel in Griechenland. 

Dazu noch das leckere Essen und dieses türkisfarbene Meer. 


Spannend sind auch die vielen historischen Stätten. Es gibt derartig viele davon, dass wir die meisten links liegen lassen. 

In Troja waren wir. Wir wollten ein schönes Bild mit Olga vor dem Holzpferd machen, doch es ging nicht. Der Parkplatz war zu weit vom Pferd entfernt. Die antike Stadt war dann doch sehr beeindruckend. Wenn man bedenkt, was die Menschen damals bereits gebaut haben, während anderswo die Menschen gefühlt noch in Höhlen lebten. 


Auch in Ephesos waren wir. Einer der Parkplatzwächter sprach uns sofort an und redete so geschickt, dass wir ihm dann sogar ein Buch über die antike Stadt abkauften. Anders als in Griechenland sind auch zu dieser Jahreszeit viele Touristen an diesen Orten.

Die Bibliothek von Celsus ist sehr beeindruckend und das Amphitheater sogar noch größer als das in Epidauros. 

Vor Ephesos hatten wir endlich mal zwei ungestörte, ruhige Nächte am Strand verbringen können.


Bei Yatagan landeten wir nur zufällig auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz und machten so unfreiwillig Bekanntschaft mit einem der dreckigsten Kohlekraftwerke der Welt. Wir übernachteten an der Ausgrabungsstätte Lagina und der Gestank des Kraftwerkes lag wie eine schwere Dunstglocke über der gesamten Gegend. Die Bewohner der umliegenden Dörfer formieren mittlerweile den Widerstand, denn der dazugehörige Tagebau droht nicht nur ihre Häuser, sondern auch die antike Stadt zu schlucken. 


Da die Küste nahezu vollständig zugebaut ist, fuhren wir in die Berge. In Denizli hätten wir gern auf dem sehr sauberen Parkplatz unterhalb der Seilbahn geschlafen. Doch der Platz und der angrenzende Park sind eingezäunt und das übernachten verboten.


Also weiter bis Pamukkale. Hier fanden wir tatsächlich mal einen Platz ohne Hunde. Dafür weckten uns am ersten Morgen vier Heißluftballons und deren Besatzungen, die direkt neben uns in die Luft abhoben.

Pamukkale ist für seine heißen Quellen bekannt. Diese fördern Kalk an die Oberfläche, der sich dann wiederum auf den Hängen ablagert. Zusätzlich kann man die Überreste der antiken Stadt Hierapolis bestaunen. Die heißen Quellen taugen lediglich für ein Fußbad. Und tatsächlich darf man den Hang auch nur barfuß betreten.


So richtig ruhig und einsam erlebten wir die Türkei dann am Salda Gölü. Ein vulkanischer Kratersee, der 196m tief ist. An den Ufern  lagert sich hier ebenfalls weißes Gestein ab. Die Kulisse ist malerisch und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wie Ephesos übrigens auch. Die Polizei fuhr zwar mehrmals an uns vorbei, doch interessierte sich nicht für uns.


Doch der Winter ist uns auf den Fersen. Mittlerweile dürfte am Salda Gölü Schnee liegen. Wir flohen also wieder an die Küste und fanden bei Fethiye einen schönen Platz, an dem bereits andere Camper standen. Dort dürfte allerdings der viele Regen die schöne Wiese, auf der wir standen, überschwemmt haben.

Mehrere Tage regnete es quasi ununterbrochen. Das sind dann die Tage, an die man sich hinterher nicht mehr gern erinnert.

Sowohl der Strand bei Fethiye, als auch der Iztuzu-Strand bei Dalaman, wo wir tagsdrauf hinfuhren, sind Eiablageplätze von Meeresschildkröten. Diese 130-Kilo-Brocken legen zwischen April und September ihre Eier in den Sand. Die Nester liegen 30 bis 50cm unter der Oberfläche und fassen mehrere Dutzend tischtennisballgroße Eier. Nach 60 Tagen schlüpfen die jungen Schildkröten und krabbeln allein ins Meer. Während dieser Zeit ist der Strand zwar sehr beliebt aber man sollte die Tiere eigentlich nicht stören. Diese kehren jedes Jahr zu dem Strand zurück, an dem sie geschlüpft sind.

Bei Dalaman gibt es sogar ein Hospital für verletzte Tiere. Große Feinde der Kröten sind die Fischernetze, der Müll und die Touristen. Die Lichter der Häuser können sogar schuld daran sein, dass die Jungtiere ihren Weg ins Wasser nicht finden.

Zu dieser Jahreszeit im Winter war der Strand leer, die Schildkröten sind an ihren Winterquartieren im Süden an der Küste des afrikanischen Kontinents und der viele Regen ließ den Wald und den Strand erscheinen wie die Kulisse eines Dschungelabenteuers. 


Wir spüren besonders an den Tankstellen, dass die türkische Lira immer noch im Tiefflug ist. Der Sprit verteuert sich im Wochentakt. Noch im September 2021 kostete der Liter Benzin weniger als acht Lira. Im Moment sind es fast 14 Lira. Die Anzeigetafeln der Tankstellen besitzen aber oft nur eine Stelle vor dem Komma. Was dazu führt, dass man die "1" einfach davorgeklebt hat.


Wir stehen nun bei Komluca auf einem Parkplatz am Meer. Neben uns eine Picknick-Area. Über Lautsprecher hören wir abwechselnd den Muezzin rufen oder die Durchsagen einer Frauenstimme, deren Inhalt wir auch nicht verstehen. 

Demnächst wollen wir uns in Antalya mit Freunden treffen, die unsere neue Kreditkarte aus Deutschland mitbringen. Ach ja, die Sonne scheint wieder :)


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